Spinnen mit Spindel und Spinnrad
17. März:
Sonniger Gertrudentag, „Zu Gertrud beißt die Maus den Spinnfaden ab“, sagte man, um zu betonen, dass die Zeit der Winterarbeit im Haus vorbei war und die Feldarbeit begann.
Gleich nach dem ersten Tauwetter, das ja oft schon im März einsetzt, begann die Arbeit auf Acker und Feld. Ich besuchte Heidi noch schnell am Wieserhof, um das alte Handwerk des Spinnen auf dem Spinnrad bildlich festzuhalten.
Ein (Berg-)Bauernhof in einem ruhigen Seitengraben von Rothenthurm/St. Peter ob Judenburg im steirischen Murtal. Es liegt auf einer Seehöhe von 850 m, umzingelt von steilen Wiesen und Wäldern. Die Familie lebt in und mit der Natur - und doch nur 5 min. von der Bezirksstadt Judenburg entfernt.
Nach zwei Generationen einer sehr erfolgreichen Rinderzucht und der Suche nach einer Alternative hat die Familie der Zufall mit Alpakas in Berühung gebracht. Ein Artikel in einer landwirtschaftlichen Zeitschrift gab ihnen den Anstoß, sich mit diesen faszinierenden Tieren näher zu beschäftigen. Und schon nach kurzer Zeit war klar, dass diese Tiere in Zukunft ihr Leben bereichern sollen.
Es war aber auch eine Zeit sich mit der Verarbeitung der Wolle und den vielen Möglichkeiten auseinander zu setzen. Sie wäscht, kardiert und spinnt, experimentiert mit Materialien und den alten Verarbeitungstechniken. Fast vergessene handwerkliche Fertigkeiten mussten wieder erlernt werden.
In Murtal können das Handwerk des Spinnens und die Weiterverarbeitung der Wolle schon früh nachgewiesen werden. Erfolgte das Spinnen anfänglich noch mit der Handspindel, führte die Erfindung des Flügelspinnrades im 16. Jahrhundert und des Tretantriebes im frühen 18. Jahrhundert zu einer weiten Verbreitung der häuslichen Wollverarbeitung.
Auf größeren Höfen war es wohl seit alters her Sitte, sich in einem eigens beleuchteten Raum, der Lichtstube, zu versammeln, um gemeinsam Handarbeiten und handwerklichen Arbeiten nachzugehen. Man vertrieb sich die Zeit mit Singen, Geschichten erzählen und Gesellschaftsspielen. Viele Märchen und Lieder sind durch die Spinnstuben von einer Generation an die nächste weitergegeben worden.
Ich beobachte die Damen bei ihrer Arbeit. „Tausende von winzigen Fasern gleiten durch die Hand und formen sich zu einem endlosen Faden. Wie der „Spinner” den Faden in der Hand behält und ihn möglichst lang und haltbar spinnt, ist bei einer Tasse Tee oder Kaffee am Spinn- und Filzkurse am Wieserhof zu erleben. Denn die Spinngruppe ist alles andere als ein verstaubtes Land- oder Hausfrauen-Clübchen. Moderne Frauen, jung und alt, gelernt oder studiert, aus Handwerk, Dienstleistungsbereich oder Wirtschaft – die Damen sind so bunt zusammengewürfelt wie der Inhalt einer Wollkiste!
Man hat sich als Gruppe gefunden? Heidi hat auf ihrer schönen Seite www.wieserhof.co die Kontaktdaten veröffentlicht. Ein Besuch lohnt sich!